Cookie Consent by FreePrivacyPolicy.com Vortrag eines israelischen Kriegsdienstverweigerers / mGGp - für eine menschliche Gesellschaft
SIE SIND HIER:

Vortrag eines israelischen Kriegsdienstverweigerers

Am 22.5. war ich Zuhörer eines Vortrages zum Thema Kriegsdienstverweigerung in Israel. Referent Uri Ya’ackobi, ein Israeli, Jahrgang 1984, hat aus Gewissensgründen den Kriegsdienst verweigert und kam so in die Räder der israelischen Justiz.
Mein erster Eindruck, Uri ist sehr nervös, wirkt schüchtern und verängstigt. Trotzdem trägt er seine Geschichte vor, fast emotionslos, sachlich, will niemanden beschuldigen. Nein, körperlicher Gewalt war er nie ausgesetzt, seelischen Rückhalt erhielt er durch weitere Kriegsdienstverweigerer, die auch inhaftiert waren. Und trotzdem war es eine Leidensgeschichte, die mit dem heutigen Tage sicherlich nicht zu Ende ist. Einfach hat er es sich nicht gemacht, hinterfragt immerzu, ob alles richtig ist, was er macht und gemacht hat. Die Sprudelflasche vor ihm wird sein Opfer; immer wieder zupft er am Etikett, bis es endgültig entfernt ist.
Vor mir sitzt ein gutaussehender Mann, Mitte 40, ausgestattet mit einer Schriftmappe, in die er fast unentwegt etwas zu Papier bringt. Ich gehe davon aus, dass er für eine Zeitung schreibt. Dann aber die Überraschung.
Kaum hat Uri mit seinem Vortag geendet, kommen die Fragen; sie kommen fast ausschließlich von meinem Vordermann. Es sind Fragen, die Uri belasten sollen; konkrete Zahl, wie viele Kriegsdienstverweigerer mit ihm zusammen im Gefängnis saßen werden gefordert, ob er noch Kontakt mit ihnen hätte und so weiter. Plötzlich zieht mein Vordermann den Judenstern aus der Tasche, streicht fast ununterbrochen liebevoll mit der linken Hand darüber.
Mein Vordermann versucht, die relativ kurze Fragezeit für sich in Anspruch zu nehmen. Ob Uri denn wisse, dass Palästinenser Christen aus ihren Häusern zerren und in einem Stadion gefangen halten. Ein Zuhörer antwortet zunächst für Uri, er habe davon gehört und sei der Sache nachgegangen, aber es scheint sich nicht zu bewahrheiten. Mein Vordermann wird aggressiv, spricht von der einzigartigen Demokratie Israel’s, will dann von Uri die Antwort. Uri erklärt mit schlichten Worten, dass er davon nichts gehört hat. Kurz vor Ende (Raum war nur bis 22Uhr30 gemietet) versuche ich, darauf hinzuweisen, dass mein Vordermann bewusst andere Themen wählt, um Uri zu schaden. Am Ende der Veranstaltung versuche ich, meinen israelischen Zuhörer nach seiner Absicht und Adresse zu fragen, was (natürlich) erfolglos blieb.
Als jemand, dem Fairness und Gerechtigkeit sehr sehr wichtig sind, kann ich nur hoffen, dass Uri Ya’ackobi mit seiner Courage nicht noch mehr leiden muss, als er es jetzt schon tut. Ich habe jedenfalls allergrößte Hochachtung vor seinem Tun.
VOILA_REP_ID=C12570BF:003747C3